Ja, ihr habt richtig gelesen. Seit über einem halben Jahr wasche ich mir die Haare mit Roggenmehl und möchte gerne meine Erfahrung mit euch teilen. Vielleicht habt ihr schon von dem Schlagwort “No Poo” gehört, das dafür steht, komplett auf konventionelles Shampoo (No-Shampoo) zu verzichten. Wieso ich mir eine Shampoo-Alternative gesucht habe, warum ich mit Roggenmehl wasche und wie das eigentlich funktioniert, erzähle ich euch in diesem Blogpost.
Wieso kein konventionelles Shampoo mehr?
Alternativer und ungewöhnlicher Kosmetik stehe ich immer offen gegenüber. Ich möchte keine Chemie in meinem Essen und keine Schafstoffe in meinen Wohnräumen, also ist es nur konsequent diesen Weg auch weiterzugehen. Silikone, Sulfate, Parabene, Duftstoffe, TEA / DEA, PEG usw. – nein Danke! Wenn ich dabei auch noch das Plastik reduzieren kann (kennt ihr das auch mit den schätzungsweise 20 verschiedenen Tuben/Flaschen im Badezimmer?), dann ist das ein großer Pluspunkt. So begann ich vor Jahren mit dem Seife sieden, da mir einfach kein Duschgel von Pflegewirkung und Inhaltsstoffen mehr zusagte. Nur mit dem “Shampoo-selber-machen” war es nicht so einfach, denn meine Kopfhaut ist sehr sensibel und meine Po-langen Haare werden schnell trocken ohne die richtige Pflege.
Grundsätzlich gibt es viele Möglichkeiten die Haare mit Shampoo-Alternativen zu waschen, so reicht die Liste von Haarseife, Waschen mit Kaffeesatz, Natron oder Lavaerde bis hin zum Einsatz von lediglich Spülung oder nur Wasser. Nachdem ich sowohl Haarseife, Kaffeesatz, Natron und das Waschen nur mit Spülung versucht habe, bin ich zum nächsten Experiment übergegangen: Roggenmehl.
Warum Roggenmehl?
Roggen reinigt mild, da er Wasser und Fett bindet. Zudem ist Roggen reich an Pflegestoffen, wie Folsäure, Pantothensäure und natürlichen Proteinen. Curly girl method-geeignet ist das Mehl zudem auch. Im Vergleich zu anderen Mehlsorten wie Weizen- oder Dinkelmehl enthält der Roggen wenig Gluten, sodass er für die Haarwäsche geeignet ist. Bitte versucht nicht mit Weizen- oder Dinkelmehl eure Haare zu waschen, hierzu habe ich schon böse Horrorgeschichten gelesen – dieses Mehl sitzt wohl im Haar wie Zement fest und lässt sich nur schlecht entfernen.
Gründe für Roggenmehl als Shampoo-Ersatz
- Natürliche Inhaltsstoffe und somit auch sehr gut für sensible Haut geeignet
- Pflegt das Haar und die Kopfhaut: Roggenmehl ist reich an Proteinen, Mineralien und Vitaminen
- PH-neutral
- Kein Plastikmüll und somit positiv für die Umwelt
- Langfristig günstiger als konventionelles Shampoo
- Steht der Reinigungswirkung im Vergleich zu konventionellem Shampoo in nichts nach
- Geeignet für die Curly girl method, da im Mehl nicht austrocknet bzw. weder Sulfat, Alkohol und Silikon enthalten ist
DIY & Ausprobiert: Wie funktioniert das Haare waschen mit Roggenmehl?
Für mein Po-langes, dichtes Haar habe ich mir Roggenmehl Typ 1150 gekauft. Vor jeder Haarwäsche stelle ich mir einen Esslöffel und eine kleine Schüssel bereit und rühre schnell mein “Shampoo”. Das Rezept ist denkbar einfach: Ich mische 3-4 gehäufte Löffel Mehl mit Wasser in der Schüssel, wobei ich solange Wasser hinzugebe bis eine geleeartige, homogene Masse entsteht. Die Konsistenz ist dann ähnlich wie eine cremige Haarspülung oder Bodylotion. Alles muss sich gut vermischen, sodass nachher keine Klümpchen im Haar hängen bleiben. Dann lasse ich alles eine halbe Stunde stehen. Ich habe auch schon gelesen, dass manche Leute die Masse über Nacht ziehen lassen, aber das ist für mich eher nicht das Richtige. Häufig entscheide ich mich recht spontan zur Haarwäsche, daher plane ich nicht soweit voraus. Es gilt wohl aber: Je länger das “Shampoo” steht, desto mehr Pflegewirkung entfaltet es, doch damit nimmt die Reinigungswirkung ab. Getestet habe ich das allerdings noch nicht…
Unter der Dusche massiere ich dann meinen Kopf mit der Roggenmehlmasse ein – das mache ich schrittweise, sodass ich keine Stelle vergesse. Außerdem ist so eine Massage ja wohltuend und fördert die Durchblutung, schadet also bestimmt nicht. Übrigens wasche ich nie die ganzen Haare, sondern immer nur die Kopfhaut – falls etwas Roggenmehl übrig ist, dann kommt es noch in die Längen. Ihr dürft an dieser Stelle jedoch keinen Schaum erwarten, denn die Masse ist eher cremig. Irgendwie ist es ein sehr angenehmes Gefühl auf der Kopfhaut, wahrscheinlich weil ich schon immer gerne gematscht habe. ;-)
Während ich das Mehl-Wasser-Gemisch nun auf dem Kopf habe, wasche ich den Rest von mir. Mit der Einwirkzeit habe ich herum probiert, aber es scheint für meine Haare egal zu sein, ob ich die Masse nun 3 oder 15 Minuten auf dem Kopf habe. Anschließend spüle ich meine Haare gut mit lauwarmen Wasser aus. Das geht meiner Erfahrung nach sogar einfacher und schneller als mit meinen bisherigen Naturkosmetik-Shampoos. Nur sieht das braune Wasser in der Dusche nicht ganz so appetitlich aus – aber das ist wohl zu verkraften. Angst vor einem verstopften Abfluss hatte ich bisher noch nicht, denn alles läuft problemlos ab.
Tipp: Saure Rinse zum Abschluss
Für mich hat sich heraus gestellt, dass eine saure Rinse mit Apfelessig die Haarwäsche sehr gut ergänzt. Dazu fülle ich drei Esslöffel Apfelessig in einen Messbecher und gebe noch einen Liter Wasser dazu, das gieße ich mir unter der Dusche zum Abschluss noch über den Kopf und lasse es kurz einwirken. Anschließend herunter spülen, fertig. Keine Angst, der Essiggeruch verfliegt im trockenen Haar. Und für die ganz Faulen: Direkt in das Roggenmehl-Gemisch zwei Esslöffel Apfelessig hinein rühen – mittlerweile ist das meine bevorzugte Variante und meine Kopfhaut dankt es mir.
Wie sind die Haare nach der Wäsche? Meine Erfahrung!
Reinigung:
Meine Sorge, dass Roggenmehl nicht richtig reinigt, ist völlig unbegründet gewesen. Die Haare sind absolut sauber und riechen auch nicht nach Brötchenteig. Ich habe das ganze zudem einem unfreiwilligen Extremtest ausgesetzt, indem ich vorher die Haare zur Pflege mit Avocadoöl behandelt habe und dabei vielleicht etwas zu großzügig war… Aber auch damit kam das Mehl klar.
Pflegewirkung:
Insgesamt fühlen sich meine Haare weich und gepflegt an. Das Ergebnis gefällt mir gut.
Das erste Mal nach der Mehl-Haarwäsche hatte ich jedoch ganz schön Knoten in den Längen. Dem beuge ich nun vor, indem ich vor der Haarwäsche nochmal die Haare kämme und mein selbst gebasteltes Leave-in nach dem Duschen in die Haare knete.
Umgewöhnungsphase:
Auf unterschiedlichen Blogs habe ich gelesen, dass es zu einer Umgewöhnungsphase mit schuppiger Kopfhaut, schnell fettender Kopfhaut oder ähnlichem kommen kann. Auch wenn ich hiervon selbst nichts gemerkt habe, sind dennoch manche davon betroffen:
Wenn die Roggenmehl-Wäsche bei euch kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt, kann es womöglich daran liegen, dass ihr behandeltes Haar habt (gefärbt, blondiert?). Wir sind eben meistens konventionelles Shampoo gewöhnt und Haut / Haare sind sicherlich nicht in der Lage sich von heute auf morgen umzustellen.
Verlängerter Waschzyklus:
Nachdem ich nun schon eine Weile mit dem Mehl wasche, kann ich auch sagen, dass sich mein Waschzyklus verlängert hat. Die Haare sehen länger frisch aus und ich muss mittlerweile nicht mehr alle 2 Tage waschen, sondern konnte den Zeitraum auf 4 Tage ausdehnen. Letzteres ist für mich ein super Nebeneffekt, denn die langen Haare trocken zu bekommen dauert ohne Föhn gefühlte Ewigkeiten. (Und spätestens bevor es dann ins Bett geht, wird es doch noch stressig mit dem nassen Kopf… Kennt ihr bestimmt, oder?)
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit einem einfachen Mittel so eine gute Pflege erreichen kann. Wenn ich das mal früher gewusst hätte, dann hätte ich die gesparten Euros in Bücher investieren können… ;-) Für mich ist es jedenfalls die Lösung, die ich gesucht habe und damit bin ich wirklich happy. In Zukunft werde ich noch ein bisschen an meinem Rezept herum experimentieren und vielleicht statt Wasser einen Kräutertee zum Anrühren nehmen, ein paar Tropfen ätherisches Öl als Duftkomponente oder mein geliebtes Avocadoöl zur Pflege hinzugeben. Hier kann ich sicherlich noch ein bisschen experimentieren…
Weitere Erfahrungsberichte könnt ihr zum Beispiel bei Shia oder Sanni lesen. Bei Sanni seht ihr auch Fotos zu einem Vorher-Nachher-Vergleich ihrer Haare.
Wenn ihr euch erst noch intensiver in die Thematik einlesen wollt und euch auch noch andere natürliche Haarkosmetik-Alternativen interessieren, dann schaut euch dieses Buch von Claudia Peters an:
Buchtipp:
“101 Alternativen zu Shampoo, Conditioner & Co.” von Claudia Peters
Erhältlich bei Amazon (Ebook und Taschenbuch), ISBN: 978-1981181711
Claudia Peters zeigt wie natürlich Haarkosmetik sein kann, gibt viele Tipps und Tricks und macht Lust darauf alles Auszuprobieren!
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