„Der Kuss der Lüge“ von Mary E. Pearson

Veröffentlicht: 17. Februar 2017

Gestern ist “Der Kuss der Lüge” offiziell erschienen. Ich durfte dieses Fantasy-Jugendbuch vorab lesen und möchte meine Meinung dazu heute mit euch teilen. Im englischsprachigen Raum hat dieses Buch einen wahren Hype ausgelöst und so war ich sehr erfreut, dass dieser schön gestaltete Schmöker den Sprung über den großen Teich geschafft hat. Es ist der erste Teil einer Reihe und für alle geeignet, die mittelalterliche Welten und Prinzessinnen mögen!

Von dem Wunsch nach Unabhängigkeit und der Flucht in die Freiheit 

Lia, die Königstochter aus dem Haus Morrighan, ist 17 Jahre alt und soll einen Prinzen heiraten. Die beiden kennen sich aber nicht und sind beide von der Hochzeit gar nicht angetan. Ihre Eltern sehen darin aber die Möglichkeit eine Allianz zu schmieden, um so das Land zu festigen. In dieser mittelalterlichen Welt flieht Lia mit ihrer Freundin Pauline und landet weit entfernt in einem Küstenstädtchen, wo sie in einer Taverne aushilft. Plötzlich tauchen dort zwei junge, gut aussehende Männer auf. Die beiden erregen sofort Lias Aufmerksamkeit. Nur was Lia nicht weiß: Einer davon ist der Prinz, den sie nicht heiraten wollte und der sich auf die Suche nach ihr machte. Der andere ist ein Attentäter, der den Auftrag hat Lia umzubringen.

Dieses toll gestaltete Buch ist der erste Band einer Reihe und beherbergt eine wirklich wunderbare Idee. “Der Kuss der Lüge” ist dabei ein Mix verschiedener Genre, denn durch den sehr kleinen Fantasyanteil und die mittelalterliche Welt, liest es sich die meiste Zeit wie ein historischer Roman. Durch die Handlung sowie das Alter der Protagonisten bewegen wir uns im Jugendbuchbereich. Dazu kommt eine angenehme märchenhaften Stimmung. Es ist ein Buch mit Königshäusern, Prinzen und Prinzessinnen, Dorffesten, Handwerksarbeiten und einem Schuss Romantik.

Eigentlich ist das Fundament und die Welt dieser Geschichte ganz simpel, aber die Autorin Mary E. Pearson fädelt alles so geschickt ein, dass sie dadurch ein unterhaltsames Gesamtpaket schnürt. Zwar kommt das Buch nicht ohne Klischees aus, aber Pearson verpackt das so gekonnt, dass es mich so gut wie gar nicht störte. Durch die Insta-Love und das Liebesdreieckwirkt die Handlung etwas „liebeslastig“, obwohl das Drama um „Wen-liebe-ich-mehr“ komplett ausbleibt. Lia kann sich nämlich schnell entscheiden.

Der große Kniff an diesem Buch ist, dass es aus der Ich-Perspektive erzählt wird und wir so in drei Köpfe eintauchen können. Diese Methode hält hier ganz stark die Spannung aufrecht und hilft über die etwas zäheren Kapitel hinweg (ja, davon gibt es einige). Obwohl wir den Großteil der Geschichte aus Lias Sicht erleben, finden sich immer wieder wenige Seiten aus dem Blickpunkt des Prinzen und des Attentäters dazwischen. Namentlich Rafe und Kaden – nur wer ist wer? Genau diese Frage beschäftigte mich die ganze Zeit, bis die Auflösung kam und ich erstmal gewaltig durchatmen musste. Was danach folgt ist das letzte Viertel, das uns mit Action und einer etwas düsteren Stimmung versorgt. Geschrieben ist das ganze jugendlich und ausdrucksstark, was mir gut gefallen hat.

Wirklich sehr positiv fielen mir die Beziehungen der Personen untereinander auf. Zum einen ist da die innige Freundschaft zwischen Pauline und Lia. Die beiden gehen zusammen durch dick und dünn, stehen sich nahe und würden für den anderen die Hand ins Feuer legen. So eine Freundschaft wünscht sich doch jeder. Zum anderen ist da die enge Beziehung zwischen Lia und ihren Brüdern. Ich fand es schön wie diese Geschwisterliebe dargestellt wurde und authentisch, dass sich Lia in der neuen Heimat doch hin und wieder nach ihnen sehnt.

So schnell und unterhaltend wie sich dieses Buch liest, gab es doch einen Punkt, der mich zu erst irritierte und dann ärgerte. Die Charaktere sind zwar gut gestaltet und wirken lebendig, aber für mich war der Weg zur Sympathie steinig. Die drei Hauptpersonen, die wir durch die 559 Seiten begleiten, haben alle eins gemeinsam: Sie sind ungeeignet für ihren jeweilig vorgesehen Job. Wir haben hier einen unprofessionellen Attentäter, der seine Fähigkeiten lobt, aber sehr stark an Prokrastination leidet. Und zudem einen angehenden König und eine (eigentlich – sie ist ja abgehauen) angehende Königin, denen ihr eigenes Wohl wichtiger ist als das Volk. Ok, so viel dazu. Das klingt schlimmer als es ist und ich erkläre euch das gern…

Ich mochte Lia grundsätzlich, denn ich schätze es sehr, wenn Figuren eine Meinung oder Motivation haben und danach handeln. Es war für mich also verständlich, dass Lia der arrangierten Ehe entkommen will und dann auch aktiv durch ihre Flucht eine Entscheidung fällt. Sie ist keine weinerliche „Prinzessin auf der Erbse“, sondern will unabhängig sein und handelt. Was ihr allerdings dabei fehlt ist Verantwortungsbewusstsein, Umsicht und Weitblick, denn durch diese Flucht zerstört sie die geplante Allianz zwischen zwei Königreichen und stört den Frieden, der auf wackligen Beinen steht. Die Folge dessen lässt auch nicht lange auf sich warten und Krieg droht.

Ich überlegte lange, ob das aus Lia eine selbstsüchtige Person macht und ob ich sie deswegen sympathisch finden kann. Aber Lia ist nicht selbstsüchtig, sie handelt unüberlegt. Denn im gesamten Buch kommt sie nicht einmal auf den Gedanken, dass sie mit ihrer Flucht einen Teil zur zukünftigen Entwicklung des Landes beiträgt und durch die arrangierte Ehe den Frieden festigen könnte. Sie denkt auch nicht daran, was durch ihre Flucht passiert – außer, dass ihre Eltern sauer sein werden. Lia weiß aber grundsätzlich auch nicht viel, denn welchen Sinn möchte sie ihrem neuen, freien Leben verleihen? Kellnern, Zwiebeln schneiden und Betten machen während der Krieg ausbricht? Also Lia ist nicht selbstsüchtig, sie ist einfach noch ein Kind. Und mit diese Feststellung, ärgert sie mich auch gar nicht mehr so sehr, sondern ich freue mich Lia in den nächsten Büchern wachsen zu sehen. Sie ist eine starke, interessante Persönlichkeit und ihr fehlt es schlicht an Reife, um ihre Taten überlegt anzugehen und auch etwaige Folgen abzuwägen. Gleiches gilt für den Prinzen, der Lias Entscheidung und Flucht bewundert. Zu gern hätte er auch die Flucht ergriffen, aber die Pläne setzte er dann doch nicht um. Ich hoffe, dass auch er reift, denn ansonsten ist er als Oberhaupt eines Königreichs denkbar ungeeignet.

Der Kuss der Lüge, Bildquelle: Bastei-Lübbe

Fazit

Dieses Buch lässt sich in einem Rutsch lesen und unterhält bestens. Mit den Charakteren und ihren Motiven musste ich mich zwar erst anfreunden, aber nun freue ich mich auf eine Fortsetzung. In diesem ersten Band steckt so viel Potential und es zeichnet sich schon eine weitere, vielversprechende Handlung ab. Ich bin gespannt!

Zum Buch

Der Kuss der Lüge: Die Chroniken der Verbliebenen #1 
Von Mary E. Pearson. Übersetzer: Barbara Imgrund
Erhältlich ab 16. Februar 2017
Seitenzahl: 559
Verlag (und Bildquelle): One (Bastei Lübbe)

Aufgrund der Länge dieser Rezension, bedanke ich mich nun bei jedem, der alles gelesen hat. Kurzfassen war heute wohl nicht ganz so mein Ding. ;-) Seid ihr auf “Kuss der Lüge” eigentlich schon aufmerksam geworden? Oder habt ihr es vielleicht sogar schon gelesen?

Die folgenden Bände sind übrigens auch schon in Planung:
Band 2: Das Herz des Verräters erscheint im Mai 2017
Band 3: Die Gabe der Auserwählten erscheint im Herbst 2017
Band 4: Der Glanz der Dunkelheit erscheint im Frühjahr 2018

1 Kommentar

  • M Rotalied 25. Februar 2017 at 14:46

    Hallo :)
    danke für deine Rezension.
    Dieses Buch steht bereits auf meiner Wunschliste und freue mich darauf es zu lesen und auch in mein regal stellen zu dürfen
    habe deinen Blog erst eben entdeckt, ist sehr schön hier.
    Wenn du möchtest schau doch mal bei mir vorbei.
    Ganz liebe Grüße
    Mersii

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