Werbung*: Alexander Osang beschäftigt sich in seinem historischen Familiendrama „Die Leben der Elena Silber“ mit seiner eigenen Familiengeschichte. Im Mittelpunkt steht Jelena/Elena, die in einem Provinznest in Russland geboren wird, einen deutschen Ehemann heiratet und in Schlesien den zweiten Weltkrieg überlebt. Wie mir Alexander Osangs Werk gefallen hat, erzähle ich euch gerne.
FAMILIENGESCHICHTE DURCH DIE ZEIT
Alexander Osang veröffentlicht mit „Die Leben der Elena Silber“ eine Familiengeschichte, die sich über Zeit und Länder erstreckt. Wir Leser lernen zu Beginn die 2-jährige Jelena kennen, die gerade in der russischen Heimat im Jahr 1905 ihrem Bruder hilft Holz aus dem Schuppen zu holen. Alles fühlt sich wie ein normaler Tag an, bis das Leben eine ganz neue Richtung einschlägt: Jelenas Vater Viktor ist tot. Viktor begehrte gegen das zaristische System auf und wurde auf offener Straße ermordet. Die Familie flieht. Von da an begleiten wir das Mädchen auf ihrem Weg zur Frau, wie sie sich durch ihr Leben schlägt und mit einem deutschen Fabrikantensohn vier Töchter bekommt.
Durch Jelenas Lebensspanne erleben wir viele geschichtliche Ereignisse, erhalten einen Einblick in das damalige Leben in Russland und begleiten die Protagonistin auf ihrem Weg von Russland über Schlesien und Deutschland. Tod, Verlust, Krieg, Flucht, Überlebensangst, Einsamkeit, all das beschreibt Jelenas Leben und legt oft eine Decke von Traurigkeit und Schwermut über die Geschichte. Sie versucht stark zu sein, aber die Suche nach ihrem persönlichen Glück scheint ausweglos.
WECHSEL DER HANDLUNGSSTRÄNGE
Parallel spielt das Buch im Jahr 2017, Jelenas Enkel Konstantin ist Filmemacher und auf der Suche nach einer inspirierenden Idee für ein neues Projekt. Er reist mit einem Verwandten nach Russland in den Geburtsort seiner Großmutter und recherchiert die eigene Familiengeschichte. Er blickt zurück, stößt auf Unerklärtes und versucht herauszufinden welches Schicksal und welche Tragödie er in seinen Wurzeln trägt. Konstantin wirkt dabei verloren, verwirrt und irgendwie mehr auf der Suche nach sich selbst.
FIGUREN & STIL
„Die Leben der Elena Silber“ sticht durch seine Reise durch die Zeit hervor, gibt Einblicke in die politische Entwicklung und die Lebensbedingungen der Menschen. Geschickt und authentisch webt der Autor geschichtliche Geschehnisse in die Erzählung ein.
Leider schafft Alexander Osang es nicht, dass ich eine emotionale Bindung zu seinen Figuren aufbaue. Jelenas Charakter ist vielschichtig und ihre Erlebnisse bildgewaltig, aber doch wirkt sie zu weit entfernt als dass sie mich berühren könnte. Konstantin ist blass gezeichnet, findet nicht mein Interesse und erreicht mich daher gar nicht. Der sachliche, nüchterne Schreibstil lässt sich schnell lesen, aber ist nicht förderlich, um dieser Geschichte die Distanz zu nehmen. Die Spannung leidet, Passagen wirken langatmig und obwohl es sich um eine Familiengeschichte handelt, nimmt der Roman die Form einer sachlichen Familienabhandlung ein. Da wir Leser von Anfang an schon das Ende des Buchs kennen, ziehen sich die 617 Seiten dahin.
Fazit
„Die Leben der Elena Silber“ ist eine Familiengeschichte, die in verschiedenen Handlungssträngen erzählt wird. Alexander Osang nimmt uns Leser auf eine Reise durch die Zeit mit und erzählt gut recherchiert von einem Leben in Russland, Schlesien und Deutschland zu Anfang des 20 Jahrhunderts. Sehr schade ist die Unnahbarkeit der Hauptfigur Jelena, die oft distanziert und passiv wirkt und so dem Buch die Spannung nimmt. Die Umsetzung der ganzen Erzählung hätte besser sein können.
Zum Buch
Die Leben der Elena Silber
Von Alexander Osang
Gebundene Ausgabe erhältlich ab dem 14. August 2019
Seitenzahl: 624
ISBN: 978-3-10-397423-2
Verlag: S. Fischer Verlag
Zu “Werbung*”: Das Buch in diesem Blogbeitrag wurde mir als Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Beitrag enthält aber trotzdem meine eigene Meinung.
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